Donnerstag, 15. April 2010
Amtsdeutsch verstehen
Offizielle Briefe von Behörden lassen mir regelmäßig einen Angstschauer über den Rücken laufen. Hast du was vergessen? Falsch gemacht? Kommt da eine Mahnung oder Anweisung? Letzte Woche wieder. Da flatterte ein Brief in meinen Postkasten, der einen Vorgang des Arbeitsamtes beschrieb. Ich habe die Zeilen mehrmals gelesen und Sie können mir glauben, ich bin der Textinterpretation mächtig, ich wusste am Ende nicht: Muss ich jetzt handeln oder wurde ich lediglich informiert. Keine Ahnung. Da muss ich mal warten, ob irgendwann die Mahnung kommt.
Das Problem mit Behördendeutsch bzw. Juristendeutsch hat die Arbeitsgruppe "Sprache des Rechts" der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaft erkannt und macht sich seit Jahren über juristische Texte her. Weder Fachmann, noch Laie verstehe, so die Arbeitsgruppe, in zufriedenstellendem Maße die Versicherungsklausel der Riester-Rente. Das müsse geändert werden, so der gute Wille. Gleichzeitig findet man in den Hintergrundinformationen einen Punkt II, die "Annahmen zum Verstehensprozess". Dort heißt es:

"Textverstehen ist eine konstruktive mentale Aktivität, bei der der Wissenshintergrund des Rezipienten, die Leseintention und die Eigenschaften des Textes in komplexer Weise miteinander interagieren. Verstehen meint den Aufbau einer kohärenten mentalen Repräsentation des im Text vermittelten Sachverhalts. Da ein Text einen Sachverhalt niemals vollständig wiedergibt, werden bei der Textverarbeitung Alltagswissen und Sachwissen aktiviert und Inferenzen gebildet. Die mentale Repräsentation ist somit wissensabhängig und geht grundsätzlich über die explizit im Text vermittelte Information hinaus. Der Text mit seiner thematischen Struktur und seinen lokalen und globalen Kohärenzeigenschaften aktiviert spezifische kognitive Mechanismen zum Aufbau der mentalen Repräsentation." - Aha...
http://www.bbaw.de/sdr/frame.html

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